FigurBei schönstem Herbstwetter haben wir uns vor dem Südwestfriedhof Stahnsdorf getroffen um mit dem Stadt"ver"führer Carl-Peter Steinmann einen kleinen Teil des Friedhofes kennenzulernen. Wie immer war auch diese Führung von ihm gespickt mit Anekdoten, die einen, obwohl man auf einem Friedhof war, auch zum Schmunzeln brachten.

Der 1909 in einer Größe von 206 Hektar von Louis Meyer gestaltete Friedhof gehört heute noch der evangelischen Kirche. Aufgrund des Bevölkerungszuwachses haben sich die damaligen Stadtoberen dazu entschieden, Friedhöfe vor den Stadtgrenzen anzulegen. Es waren insgesamt 5 geplant die in verschiedene Himmelsrichtungen verteilt werden sollten. Eine eigens dazu erbaute Bahnlinie brachte die Leichen und die Friedhofsbesucher vom Bahnhof Wannsee zum Friedhof Stahnsdorf. Das Bahnhofsgebäude steht leider nicht mehr, nur noch die ehemalige Bahnhofsgaststätte, welche heute ein Cafe-Restaurant beherbergt. Auch die Gleise wurden abgebaut.

Obwohl der Friedhof 1909 eröffnet wurde, findet man auch Grabanlagen die deutlich älter sind. Dies ist dem Naziwahn und den geplanten Bau von Germania geschuldet. Es fanden 15 000 Umbettungen von Schöneberger Friedhöfen, die meisten vom Matthäus-Friedhof, statt. Ca. 200 Erbbegräbnisse (Wandanlagen, Mausoleen) wurden vermessen, zerlegt und in Stahnsdorf wieder aufgebaut. Es ist eine 1,5 km lange Reihe dieser Begräbnisse entstanden.

WaldwegAufgrund des Mauerbaus fiel der Waldfriedhof in einen Dornröschenschlaf. Erst in den 70er Jahren konnten Berliner wieder die Gräber ihrer Angehörigen besuchen. Die Hauptwege wurden während der DDR 2xmal im Jahr sauber gehalten, da es 2 Kriegsgräberfriedhöfe aus dem 1. Weltkrieg gibt, einen Britischen und einen Italienischen. Immer wenn die Delegationen zu Besuch kamen, musste der Schein eines gepflegten Friedhofs gewahrt werden.

Daher konnte sich die Natur abseits der Hauptwege wieder das zurückholen, was ihr genommen wurde. Auch werden die Gräber nicht wie auf anderen Friedhöfen aufgelöst, sondern bleiben bestehen, daher sieht man im Wald versteckte Gräber, deren Grabsteine mit Efeu umrankt sind und man spaziert abseits der vielbesuchten Wege auf Moosteppichen.

 

 

 

 

 

modern

Moos

Aufgrund seiner Planung und Weitläufigkeit wurde er schnell zur Begräbnisstätte bekannter Persönlichkeiten. Nur einige davon konnten wir während der 2stündigen Führung besuchen. Dazu gehörte das Grab des ersten Profilers der Welt, Ernst Gennat, Mordkommisssar, der auch in den Büchern von Volker Kutscher vorkommt. Auch der Film "M - eine Stadt sucht einen Mörder" setzt diesem Kommissar ein Denkmal. Danach führte uns der Weg durch den Wald zu dem Grab des Bildhauers Karl-Ludwig Manzel.

Bild betend

 Manzel

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Dem Schöpfer des Christus-Reliefs, welches auch auf diesem Friedhof steht, da es aufgrund des 1. Weltkriegs nicht an vorherbestimmten Platz der alten Bischofsstadt Gnesen verbracht werden konnte. Ein kurzes Stück ging es auf dem Hauptweg entlang zu der im norwegischen Stil gebauten Holzkappelle im Jugendstil. Sie wurde in der von Louis Meyer geschaffen Sichtachse von Gustav Werner gebaut und fügt sich harmonisch in die Landschaft ein.Kapelle

Sichtachse

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hinter der Kapelle liegt der Friedhof der schwedischen Viktoriagemeinde. Danach ging es auf dem Weg zum Zille Grab vorbei an den Gräbern des Schauspielers Joachim Gottschalk und seiner Familie, der sich 1941 zusammen mit seiner Frau und seinem Sohn das Leben nahm, da seine Frau jüdischer Abstammung war. Des Tiermalers Wilhelm Kuhnert Grabstein ziert ein Löwenrelief, welches von seinem Freund Georg Roch (liegt direkt neben Kuhnert) nach einer Zeichnung von Kuhnert geschaffen wurde. 

Löwe

 

 

 

 

 

 

 

 

Danach kam das Grab von Zille. Danach kamen wir zum Grab von Louis Meyer und dann zu einer von Taut geschaffenen Grabstelle der Familie Wissinger, welches damals (1920) sehr umstritten war. Zum Ende der Führung kamen wir noch am Grab von Gustav Kadelburg vorbei. Er schuf das weiße Rößl am Wolfgangsee und sein Grab stellt das 1. Bühnenbild dar, und natürlich an dem Grab von Friedrich Wilhelm Murnau. Er ist den Stummfilmfreunden als Regisseur von Nosferatu bekannt.

Da der Südwestfriedhof aufgrund seines Dornröschenschlafs sich als Waldfriedhof frei entfalten konnte, gilt er als artenreichster Friedhof in Deutschland. Hier können Gartenkunst, Bestattungskunst und auch ein Artenreichtum der seinesgleichen sucht erlebt werden.

Putten

 Ahorn

 

 

 

 

 

 

 

 

 Urne

 

 

 

 

 

 

Unser Dank für diese interessante Führung gilt Herrn Steinmann, dem wir noch stundenlang weiter zuhören könnten. Hoffentlich gibt es ein nächstes Mal, vielleicht auch unter einem anderen Motto.

P.S. Der Friedhof ist sicherlich auch zur Rhododendronblüte eine Augenweide.