Gartenkunst war immer auch die Kunst, die Menschen in eine nicht sichtbare Welt zu entführen. Gartengestaltung dient in allen Kulturen auch der Vermittlung von religiösen, mystischen und philosophischen Ideen. Das Wort „Paradies“, altpersischer Herkunft, wurde im Laufe seiner jahrtausendalten Geschichte zum Synonym eines Sehnsuchtsortes, wo der Mensch die Früchte der Erde genießen kann, ohne einen Tropfen Schweiß zu vergießen.
Die „göttliche“ Vierteilung, das Wegekreuz, der persischen Gärten spiegelt die kosmische Ordnung, die sich bis heute in der Tradition unserer Gartenkultur und -gestaltung lesen lässt. Wir können uns aber auch auf die Suche nach dem Geist eines Ortes begeben: dem Genius Loci. Bei den Griechen und Römern wurden sie als mächtige Schutzgeister verehrt, die die Orte in ihrer Einzigartigkeit bewahrten. Dies war die Folie für berühmte Gärten - genial zum Beispiel von William Kent in Rousham um 1730 umgesetzt. Völlig frei von der strengen Ordnung der „paradiesischen“ Gärten sind die chinesischen und später auch die japanischen Gärten. Sie sind nicht nur Sinnbild einer transzendenten Idee – hier leben die Geister wirklich. Dahinter steht eine holistische Philosophie, die keine Trennung zwischen Geist und Materie, zwischen Himmel und Erde, zwischen Natur- und Menschenwelt macht. Die Kunst der Gartengestaltung besteht darin, aus einem Ort seine komplexe Botschaft heraus zu finden.
Aber auch, wenn uns der Glaube an Götter und Geister abhandengekommen ist, bleibt doch dieses rätselhafte Moment, das uns manchmal ergreift: wir spüren den Geist des Ortes und meinen einen Herzschlag lang mitten im Paradies zu sein.
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